Geschrieben in Paraparaumu
Wer schon einmal in Neuseeland war und sich die Frage gestellt hat: „Wie lange muss es wohl gedauert haben bzw. Wie viele Menschen sind notwendig, die schönen bewaldeten Hänge zu roden und in Weidefläche für Kühe und/ oder Schafe umzuwandeln“?, dem kann ich beruhigt sagen: „1 Nacht und 2 Männer.“ Unsere Ehre war es tatsächlich, neben diesen Ikonen der Rodungsbetriebe eine Nacht zu verbringen. Richtig, nicht zu schlafen, denn das war definitiv nicht machbar. Selbst wenn man Blumenkohl in die Ohren stopft und bestehende kleine Löcher mit Veggemite abdichtete, spürte man dennoch die Vibration der Schnarchnasen.



Weniger erholt als vielleicht notwendig gewesen wäre, schälten wir uns gegen 9 aus unseren Schlafsäcken, packten unsere Zeug zusammen und stiefelten in den Gemeinschaftsraum und machten uns ans Frühstück.
Bevor wir den Rückweg antraten schauten wir noch einmal bei dem Rangerehepaar vorbei. Herr Ranger hatte am Tag zuvor einen Hirsch geschossen, den 60kg Bock ausgenommen und ihn kühl gelagert. Auch nachdem er den Eigenverzehr gesichert, sämtliche Kühltruhen aufgefüllt hatte, war noch immer so viel Fleisch übrig, dass er einen Aushang „Want free deer meat? See the ranger“ im Hutt angefertigt hatte. Als wir zur Tür hineinkamen, beugte er sich mit blutigen Händen und seinem Jagdmesser über den Spültisch und zog die letzten Fellreste von der Schulter des Hirschs. Prompt gab er uns den ganzen Hobel mit, ca. 5kg dunkles, saftiges Fleisch. Wie in einem Comic stiegen uns die Gedankenblasen für potentielle Gerichte in den Kopf. Eigentlich hatte ich für den Rückwegs mit einem leichtem Rucksack geplant, denn das schönste am Wandern ist nicht die Landschaft sondern, dass mit jedem verzehrten Snack, die Kilos im Rucksack schwinden und man daher noch viel lieber und viel mehr essen kann:D. Und das ganz ohne schlechtes Gewissen, weil es ja für einen guten Zweck ist. Aber in diesem Fall nehme ich gerne ein bisschen Extraballast in Kauf. Wir bedankten uns und wollten für den halben Hirsch einen kleinen Obolus dalassen, was aber vehement abgelehnt wurde, da wir sonst illegalen Fleischhandel betrieben. Auf Empfehlung der beiden Ranger spazierten wir noch in die entgegengesetzte Richtung (Robert Hutt), weil es dort noch einmal ganz besonders toll werden soll. Toll war’s, aber nicht besonders toll. Immer die Superlative:D.






Nach ca. 6 Stunden kamen wir dann wieder am Auto an. Die Sandflies hatten die gemütlichen Tempaeraturen im Bongo nicht vertragen, denn sie lagen überall verteilt im Bongo. Ein bisschen Sorge hatten wir, dass der halbe Hirsch im Rucksack essfertig gegart war, aber um den Braten sollten wir uns erst am Abend kümmern. Gejagt von erneut unzähligen Plagegeistern schmissen wir unsere Rucksäcke in den Bongo, räumten die 2 Tage in praller Sonne unter den Kanus geschmorte Mülltüte mit Hähnchen ein und sprangen auf die Fahrersitze. Ok, Lagebericht. Was machen wir als Nächstes? Weiter in Richtung Norden liegt die Stadt Franz Josef, die unmittelbar am gleichnamigen Franz Josef Gletscher liegt. Dieser sollte unser nächster Stopp sein. In der Hoffnung die schweren Beine zu schonen und unmittelbar an den Gletscher heranfahren zu können passierten wir einige Informationsschilder mit der Aufschrift: Hier war der Gletscher 1870…1900…1980. Ziemlich beunruhigend, wenn man ab dem ersten Schild noch 5 Minuten Autofahrt vor sich hat. Unsere Hoffnung verflog schnell, als wir den Parkplatz erreichten und aufgefordert wurden noch 45 Minuten zum Gletscher zu watscheln.

Der Gletscher ist so weit zurückgegangen, dass man ihn nur aus der Ferne erspähen kann. Und trotz der bekannten Klimaproblematik kreisen die Helis mit den Touristen wie Geier über einer Küh über den Gletscher hinweg. Bestimmt fragen die Insassen auch noch, wieso sich die Gletscher zurückbilden.
In dem beschaulichen und zugleich schönen Örtchen Franz Josef angekommen, checkten wir den ersten Campingplatz aus, der uns nicht zusagte. Stattdessen investierten wir 20$ in einen Parkplatz auf Hostelgrundstück und durften so die gesamte Einrichtung nutzen. Wie der Zufall es so wollte hatten wir also eine Küche und konnten den Hirsch á la Masterchef Germany zubereiten. Noch immer, kaum zu glauben, aber ja, warte ich auf die Beförderung zum Sou Chef. Ich habe in der Vergangenheit den Knoblauch- und die Zwiebelwürfel nicht nach DIN geschnitten und wurde prompt degradiert:D.


Dummerweise kam der Gute nur halb so groß aus dem Topf. Der Grund könnte mein Schuld gewesen sein, da es meine Aufgabe war, während der Chefkoch in der Dusche entspannt, d’rauf zu achten, dass der Braten nicht kocht. Da hab ich wohl etwas missverstanden, denn als Kathi den Deckel hochnahm, köchelte der Braten vorbildlich vor sich hin:D

Müde, zufrieden, satt, glücklich, froh vielleicht noch ein bisschen hungrig auf Fokoeier krochen wir in unseren Bongo und zogen die Decke über den Kopf. Hoffentlich sägt hier diese Nacht niemand den Wald ab.